Im Oktober dieses Jahres hab ich ein neues Hobby angefangen, welches mir noch mal alle Nerven kosten sollte: Mein eigener 3D-Drucker
Zwar gibt es bereits einen eigenen 3D-Drucker (und ein weiteres Leihgerät) in meinem lokalen Hackspace, jedoch habe ich schnell festgestellt das ich nicht mehrere stundenlang einen 3D-Druck in den Hackspace Räumen beaufsichtigen kann im Moment. Die Auswahl war auch schwer genug, mit einem beschränkten Budget entschied ich mich für einen Drucker aus der unter 300€ Klasse, welche man selber zusammenbauen muss. Der Bekannteste in diesem Preisbereich ist wohl der Creality Ender 3 (Pro/v2). So schlau wie ich war hab ich mich jedoch gleich tiefer ins Getümmel gestürzt und habe mir mit fatalen Folgen den unbekannteren Ender Klon von BIGTREETECH (bekannt für zum Beispiel modifizierte Ender Mainboards) entschieden: der BIQU B1

Der Aufbau ging einfacher als erwartet
Der Aufbau ging einfacher als erwartet

Die Vorteile liegen klar auf der Hand: Großer mehrfarbiger Touchscreen + die Option auf den “alten” Monochromen Marlin Screen, am Gehäuse befinden sich Anschlüsse von BLTouch und LED-Stripes (beim Ender muss man beides nachrüsten), leise Stepper Motoren, eine magnetische Stahlplatte die man biegen kann als Druckbett anstatt ein Glasbett, LED Beleuchtung vom Hotend ohne Modifikation, bereits verstärkte Federn unter dem Druckbett und einige andere Kleinigkeiten die man sowieso wahrscheinlich als Upgrade eines Ender 3D-Druckers nachrüsten würde.

Meine ersten Spulen PLA, die eine Weile halten sollten
Meine ersten Spulen PLA, die eine Weile halten sollten

Der Touchscreen erwies sich als extrem hilfreich da man mithilfe diesem sogar custom Gcode Befehle eingeben konnte, wofür man normalerweise einen angeschlossenen Computer oder Octoprint benötigt. Vor allem, weil die Firmware mit der mein BIQU B1 ausgeliefert wurde einen Bug hatte, der die Z-Axis nicht bewegen ließ, ein M500 Reset und M502 Einstellungen speichern per Gcode Terminal brachte den Fix. Das größere Problem war das Finden von irgendwelchen Tipps online da jegliche 3D-Drucker von BIGTREETECH eher selten gekauft worden. Wer nicht schon sehr viel 3D-Drucker Wissen sich vorher angesammelt hat, wird hier oft vor Probleme stoßen für die man für andere 3D-Drucker schneller Lösungen findet. Besonders unpraktisch ist das sich BIGTREETECH sich bei der Nozzle vom Ultimaker inspirieren lassen hat, man kann anscheinend nicht einfach eine MK8 Nozzle wie für den Ender 3 nutzen, sondern muss auf nur extrem selten verkaufte UM2 Nozzles Ausschau halten. Das hat sich schnell als ein Problem herrausgestellt da ich irgendwann die Nozzle schön ins Druckbrett habe graben lassen, die jeweilige Nozzle ist jetzt hinüber und der jeweilige Oberfläche des Druckbretts zerkratzt.


Unter den ersten Gegenständen die gedruckt wurden, war natürlich ein Calibration Cube: https://www.thingiverse.com/thing:1278865
Unter den ersten Gegenständen die gedruckt wurden, war natürlich ein Calibration Cube: https://www.thingiverse.com/thing:1278865

Doch damit war der Spaß noch nicht vorbei, dem Drucker beigelegt war ein Halter für einen BLTouch Sensor am Hotend. Doch leider war dieser bei mir komplett verbogen, sodass ich einfach einen neuen gedruckt habe. Allgemein war der Antclabs BLTouch Sensor merkwürdig, für fast 40€ bekommt man hier nicht mal ein Kabel, um Mainboard mit dem Sensor zu verkabeln, stattdessen wird ein “Kit” beigelegt um seine eigenen Dupont Kabel zu crimpen. Für mich war das zum Glück kein Problem aber solche Crimpzangen sind, warum auch immer relativ teuer in Deutschland und für den Preis hätte man einfach einen Meter Kabel beilegen können was zwar nicht für alle 3D-Drucker passend wäre aber immerhin für den größten Teil davon.

Schnell hatte ich auch Probleme mit der Haftung: https://www.thingiverse.com/thing:763622
Schnell hatte ich auch Probleme mit der Haftung: https://www.thingiverse.com/thing:763622
Ach Probleme mit Überhängen kommen häufiger vor: https://www.thingiverse.com/thing:4677087
Ach Probleme mit Überhängen kommen häufiger vor: https://www.thingiverse.com/thing:4677087

Die ersten Drucke waren bereits nervenaufreibend da bereits wenige Millimeter Spielraum darüber entscheiden, ob der Druck am Bett ordentlich haftet oder zu sehr ins Druckbett gedrückt wird. Vor allem das ABL (Automatic Bed Leveling) über BLTouch raubte mir aber jeden Verstand da man hier nur sehr schwer das Druckbett selber kalibrieren kann, da ja eigentlich der Sensor das für einen übernehmen soll. Nachdem ich dann auch noch eine eigene Firmware kompiliert habe wurde es aber langsam besser.


Als Slicer Software, um 3D CAD Objekte in 3D-Drucker Gcode umzuwandeln, habe ich mich übrigens für Ultimaker Cura entschieden, vor allem die Features wie Ironing für glattere Drucke an der Oberseite oder Gradual Infill sind wahnsinnig gut gelungen. Alternativen wären noch PrusaSlicer oder Slic3r. Es scheint aber das die zwei Slicer von den Firmen Ultimaker und Prusa hier klar Vorreiter in neuen praktischen Funktionen sind im Gegensatz zu dem komplett eigenständigen Projekt Slic3r.

Auch wenn die geschätzte Zeit zum drucken für Nicht-Ultimaker Geräte meistens nicht ganz passt, Ultimaker Cura hier in Version 4.8 macht einen soliden Job
Auch wenn die geschätzte Zeit zum drucken für Nicht-Ultimaker Geräte meistens nicht ganz passt, Ultimaker Cura hier in Version 4.8 macht einen soliden Job

Ein weiteres Problem kam sehr schnell auf: Das Plastik Filament saugt Feuchtigkeit aus der Umgebung sehr schnell auf, vor allem in den kalten Tagen ein nicht zu vernachlässigbares Problem, weil zu feuchtes Filament zu Blasenbildung in der Nozzle führen kann und damit der endgültige Druck an Qualität verlieren kann. Um das Problem vorläufig zu bekämpfen habe ich mir eine verschließbare Box gekauft, wo ich die Filamentrollen mit Trockenheitsbeutel/Silicagel lagere, das hat leider den Nachteil, dass ich das Filament nahezu täglich wieder aufrolle und zurücklegen muss.

Anti Fog Nose Clips für Masken gehörten zu den ersten nützlichen Gegenstände die gedruckt wurden: https://www.thingiverse.com/thing:4635429
Anti Fog Nose Clips für Masken gehörten zu den ersten nützlichen Gegenstände die gedruckt wurden: https://www.thingiverse.com/thing:4635429

Nach ungefähr zwei Monaten ist mein Fazit das ich zwar im Voraus mich informiert hatte wie Zeitaufwendig dieses neue Hobby sein wird, trotzdem hat mich der Zeitaufwand nahezu erschlagen mit allen möglichen Probleme. Spielraum nach oben gibt es auch noch genug, so bin ich dabei noch einen Filament Guide zu bauen, Octoprint mit Plugins aufzuwerten wie z.B. den automatischen Erkennen von Spaghetti, sodass ich den 3D-Drucker auch mal unbeaufsichtigt arbeiten lassen kann. Was ich auch noch gar nicht angesprochen habe ist das eigene designen von 3D Objekten z.B. über FreeCAD oder OpenSCAD, welches ich mir noch aneignen muss im nächsten Jahr und wodurch der 3D-Drucker endlich wirklich nützlich werden kann.

Sehr leckere Plätzchenformen passend für den Dezember: https://www.thingiverse.com/thing:185502
Sehr leckere Plätzchenformen passend für den Dezember: https://www.thingiverse.com/thing:185502
https://www.thingiverse.com/thing:473069
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